From Karl Ernst von Baer [1834] - Das allgemeinste Gesetz der Natur in aller Entwickelung.
In: Baer, K. E. v. 1864. Reden gehalten in wissenschaftlichen Versammlungen und kleinere Aufsätze vermischten Inhalts. Erster Theil: Reden. St.Petersburg: H.Schmitzdorff. (p. 35-74)


(p. 39):
Die organischen Körper sind nicht nur veränderlich, sondern die einzigen, die sich selbst verändern.

(p. 45):
Man könnte mit demselben Rechte aber auch sagen, es sei gar keine Selbstbildung oder Wachstum, da jeder Moment der scheinbaren Selbstbildung ein Moment der Zeugung ist. So also ist hier Zeugung und Selbstbildung recht eigentlich derselbe Process, und Wachstum ist nur der allgemeinere Ausdruck.
Eine ganz ähnliche Stufenfolge ist in den Pflanzen, nur mit dem Unterschiede, dass die höhern Formen fehlen, wo die Zeugung unter dem Einflusse des Willens steht, weil der Wille und das gesammte animalische Leben den Pflanzen abgeht. Dagegen ist das Sprossen sehr gemein.
[...]
Jeder Theil ist ein Keim und der ganze Organismus nichts als ein Keimlager, das mit Nothwendigkeit, wenn nicht sein Leben zerstört wird, die gesammte Masse des Leibes in neue Individuen ausbildet, mit einziger Ausnahme der äussern Hülle.


(p. 71-72):
So ist der Erdkörper nur das Saamenbeet, auf welchem der geistige Erbtheil des Menschen wuchert, und die Geschichte der Natur ist nur die Geschichte fortschreitender Siege des Geistes über den Stoff. Das ist der Grundgedanke der Schöpfung, dem zu Gefallen, nein, zu dessen Erreichung sie Individuen und Zeugungsreihen schwinden lässt und die Gegenwart auf dem Gerüste einer unermesslichen Vergangenheit erhebt.

To BAER homepage